Die Angst vor dem Laden
Gerald Balser, 21. Januar 2023
Quelle: VW AG
Laut der Zulassungsstatistik der letzten Monate des vergangenen Jahres hat es einen Run auf vollelektrische Autos und Hybride gegeben. Die staatliche Ankündigung, die Höhe der Umweltprämie für E-Autos ab dem Jahr 2023 deutlich zu reduzieren bzw. für Plug-in-Hybride ganz zu streichen, war wohl dafür der Auslöser. Die Umweltprämie hatte es geschafft, das sehr teure E-Auto auf Normalpreis zurecht zu stutzen und diesen günstigen Preis wollten sich wahrscheinlich noch viele Käufer sichern. Aber wie geht es bei deutlich schlechteren Bedingungen weiter?
Das Misstrauen gegenüber dem E-Auto ist in der Bevölkerung immer noch groß. Man würde sich ein E-Auto kaufen, wenn die Angst vor zu geringer Reichweite, zu langen Ladezeiten und fehlenden Ladesäulen nicht wäre. Außerdem sei das Aufladen zu kompliziert, nicht einheitlich und ohne Überdachung bei schlechtem Wetter unangenehm.
So falsch liegen die Skeptiker allerdings nicht. Für das Laden gibt es grundsätzlich zwei Typen von Säulen: Für langsames Laden mit Wechselstrom (AC) und einer Ladeleistung von 11 kW bzw. maximal 22 kW (Typ 2-Stecker) und für schnelles Laden mit Gleichstrom (DC) mit einer Ladeleistung von 50 kW bis 300 kW (CCS-Stecker). Es gibt aber auch Säulen mit einem kombinierten Angebot. Für das langsame Laden benötigt man fast immer ein eigenes Kabel, das Teil der Serienausstattung der Hersteller ist, und das die Verbindung zwischen E-Auto und Ladesäule herstellt. Bei Schnelladesäulen ist das Kabel und der Stecker – wie bei der Tankstelle – an der Ladesäule fest eingebaut. Erspart die Mitführung eines zweiten Kabels. Die Ladekapazität von Schnellladesäulen ist sehr unterschiedlich und reicht bei älteren Säulen zumeist von 50 kW bis 150 kW und bei neuen Säulen von 150 kW bis 300 kW.
Welche Säule jetzt für mich die richtige ist, entscheidet mein Auto, z.B. beim VW e-up! gibt es die Stecker- Kombination Typ 2 und Typ CCS. Für den Typ 2 entfernt man die obere und für den CCS zusätzlich die untere Abdeckung (siehe Abbildung).
Nun könnte man auf die Idee kommen, zum Laden grundsätzlich die schnellste Ladesäule mit der höchsten Ladekapazität anzufahren. Das funktioniert leider nicht. Man muss wissen, mit welcher Ladekapazität das eigene E-Auto überhaupt laden kann. Der kleine VW e-up! z. B. hat eine maximale Ladeleistung von 40 kW. Dann kann er an einer Schnellladesäule von 300 kW leider auch nur mit maximal 40 kW aufgeladen werden. Sollte nach Zeit abgerechnet werden, dann würde das Laden an dieser Säule sehr teuer.
Der neue VW ID.3 dagegen besitzt eine Ladeleistung von 170 kW. Hier ist der umgekehrte Weg möglich. Der VW ID.3 könnte auch an einer Ladesäule mit nur 100 kW oder sogar mit dem eigenen Typ 2-Stecker an einer langsamen Ladesäule mit nur 11 kW aufgeladen werden. Macht aber wenig Sinn, da die Ladezeit unnötig verlängert wird. Also nur im Notfall anzuraten. Eine bevorstehende Urlaubsreise sollte deshalb mit der Einplanung geeigneter Ladestopps gut vorbereitet sein.
Ein weiteres Problem könnte beim Ladevorgang und der Bezahlung auftauchen. Die noch im alten Bestand befindlichen Ladesäulen machen den größten Ärger. Glück hat, der immer die passende Ladekarte besitzt. Umständlicher wird es mit Hilfe einer Lade-App. Die kann man sich wenigstens über den an der Säule angebrachten QR-Code auf sein Smartphone scannen. Wer dann beim Start die Reihenfolge der Handlungsschritte versehentlich nicht einhält, verbringt viel Zeit an der Ladesäule. Sehr viel einfacher ist die Handhabung bei den neuen, digitalen Schnellladesäulen. Hier wird man am Display durch das Programm geführt und zum Bezahlen reicht eine Kreditkarte.
Wenn in absehbarer Zeit ein dichtes und modernes Ladenetz installiert sein sollte und die rasante Entwicklung hinsichtlich kurzer Ladezeiten anhält, dann könnte das elektrische Laden sogar einfacher werden als das Tanken an der Zapfsäule mit Kreditkarte. Darüber hinaus dürfte dann die aktuelle Forderung nach Reichweiten von mindestens 700 km keine Rolle mehr spielen. Im Gegenteil, eine Rast auf der Autobahn ist nach spätestens 400 km unbedingt anzuraten.